BREXIT - EU und UK einigen sich auf Austrittsvertrag - Staats- und Regierungschefs billigen diesen Deal

Am späten Vormittag haben sich die Europäische Union und Großbritannien auf einen Austritts-Deal geeinigt. Beide Seiten haben den angepassten Vertrag als faire Lösung bezeichnet, die dem UK die Möglichkeit eröffnet, gemeinsam mit Nordirland aus der EU und aus dem Binnenmarkt auszutreten und damit eigenständige Handelsabkommen für das ganze UK mit Dritten vereinbaren  zu können. Gleichfalls wird keine harte Zoll-Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und Nordirland eingerichtet, was dem Petitum beider Seiten entspricht, das Karfreitagsabkommen zu beachten.

 

Zollkontrollen werden in den Häfen auf der irischen Insel durch die britische Zollverwaltung durchgeführt, was Kontrollen zwischen den beiden Teilen Irlands vermeidet.


Den am späten Vormittag von den Verhandlungsführern der EU und UK präsentierte „Deal“ macht den Weg für einen geordneten Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU am 30.10.2019 frei! Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass auf Seiten der EU die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden 27 Mitgliedstaaten diesem Deal zustimmen, was anlässlich des am Nachmittag begonnen Treffens des Ministerrats erfolgt ist. Der Rat ist der von Kommissionspräsident Juncker vorgelegten Empfehlung gefolgt und hat einstimmig den angepassten Austrittsvertrag gebilligt. Auf EU-Seite muss nun noch das EU-Parlament zustimmen, womit dann alle 3 Organe der EU ihre Entscheidung getroffen haben. Auch hier ist von einer Zustimmung in der kommenden Woche auszugehen.

 

Wesentlich komplizierter erscheint im Augenblick die Zustimmung der verfassungsmäß0igen Organe im Königreich: Auf der für Samstag, 19.10.2019 anberaumten Sondersitzung des Unterhauses muss der britische Premierminister Johnson die Billigung der Mitglieder des Parlaments erreichen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Regierung derzeit über keine stabilen Mehrheitsverhältnisse verfügt, ist die Zustimmung des Parlaments nicht sicher. Insbesondere die Vertreter Nordirlands haben ihre weiterhin bestehende Ablehnung signalisiert, dem sich die politische Opposition aktuell noch anschließt.

 

Sollte das Unterhaus am Samstag nicht zustimmen, hat das Parlament die Entscheidung getroffen, dass der Premierminister eine Verlängerung für den Austritt aus der EU um 3 Monate bis zum 31.01.2020 in Brüssel beantragen muss.

 

Nordirland gehört aufgrund des angepassten Austrittsprotokolls unstreitig zum britischen Zollgebiet, genießt aber im Verhältnis zu Irland und der EU einen Sonderstatus: Damit der Handel zwischen Großbritannien und Nordirland reibungslos funktioniert und die Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland offen bleiben kann - Einhalten des  Karfreitagsabkommens -, finden die erforderlichen Zollkontrollen beiderseits in den Häfen der Irischen See statt. Dort werden alle Waren, die für die Republik Irland (EU) bestimmt sind, dahingehend überprüft, ob sie nach den Vorgaben des Unionszollrechts verzollt wurden und sich im zollrechtlich freien Verkehr befinden (Unionswaren sind). Interessant ist, dass diese Kontrollen von der britischen Zollverwaltung und nicht von EU-Zöllnern durchgeführt werden, die hierbei weiterhin die EU-Zollbestimmungen beachten!

 

Die Provinz Nordirland erhält einen Sonderstatus, der eine Anbindung an den EU-Binnenmarkt ermöglicht, denn ansonsten wären Kontrollen an der Grenze zwischen den beiden Landesteilen auf der Irischen Insel erforderlich. Nordirland muss daher bestimmte EU-Standards einhalten bzw. beachten, u. a. in den Bereichen Lebensmittel, Agrargüter und Viehzucht.

Im Rhythmus von 4 Jahren stimmt das nordirische Parlament über diese Sondersituation ab. Hierfür ist die einfache Mehrheit der nordirischen Regierung ausreichend, womit politisch garantiert ist, dass keine der beiden aktuell kooperierenden Parteien ein alleiniges Vetorecht haben. Da die Nordiren beim Referendum 2016 mehrheitlich für einen Verbleib in der EU gestimmt haben, können sie autonom entscheiden, wie lange sie diese Sondersituation beibehalten wollen.


Zurück