BREXIT - vermeintliche Auswirkungen auf den Warenverkehr

Aufgrund des Volksentscheids in Großbritannien haben sich 51,9% der Briten für das Verlassen der Europäischen Union entschieden. Gem. Art. 50 des EU-Vertrags müssen die in der EU verbleibenden 27 Mitgliedstaaten binnen von 24 Monaten nach dem Tag des erklärten Austrittsbegehrens durch die britische Regierung das (zu)künftige bilaterale Verhältnis regeln.


Mit dem Wirksamwerden des EU-Austritts kann der Warenverkehr mit Partnern in Großbritannien (GB) nicht mehr innerhalb des Binnenmarkts als steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung abgewickelt werden. Ab diesem Tag gilt GB als Drittland, die Waren, die von dort eingeführt werden, haben den Status einer Nicht-Unionsware. Nicht-Unionswaren müssen einem Zollverfahren zugeführt werden, dies in der Regel durch Abgabe einer Zollanmeldung.

 

Auf diese Waren werden dann die im TARIC ausgewiesenen Zollsätze erhoben. Bei der Überführung in den zoll- und (umsatz)steuerlich freien Verkehr fallen in Deutschland dann zudem die 19% Einfuhrumsatzsteuer an (ggf. der ermäßigte EUSt-Satz für die maßgeblichen Erzeugnisse).

 

Das Austrittsszenario wird in Art. 50 des EU-Vertrags wie folgt beschrieben:

 

(1) Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten.

 

(2) Ein Mitgliedstaat, der auszutreten beschließt, teilt dem Europäischen Rat seine Absicht mit. Auf der Grundlage der Leitlinien des Europäischen Rates handelt die Union mit diesem Staat ein Abkommen über die Einzelheiten des Austritts aus und schließt das Abkommen, wobei der Rahmen für die künftigen Beziehungen dieses Staates zur Union berücksichtigt wird. Das Abkommen wird nach Artikel 218 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ausgehandelt. Es wird vom Rat im Namen der Union geschlossen; der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

 

(3) Die Verträge finden auf den betroffenen Staat ab dem Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens oder andernfalls zwei Jahre nach der in Absatz 2 genannten Mitteilung keine Anwendung mehr, es sei denn, der Europäische Rat beschließt im Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat einstimmig, diese Frist zu verlängern.

 

(4) Für die Zwecke der Absätze 2 und 3 nimmt das Mitglied des Europäischen Rates und des Rates, das den austretenden Mitgliedstaat vertritt, weder an den diesen Mitgliedstaat betreffenden Beratungen noch an der entsprechenden Beschlussfassung des Europäischen Rates oder des Rates teil.

 

Die qualifizierte Mehrheit bestimmt sich nach Artikel 238 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

 

(5) Ein Staat, der aus der Union ausgetreten ist und erneut Mitglied werden möchte, muss dies nach dem Verfahren des Artikels 49 beantragen.

 

Welche Möglichkeiten bestehen für die Regelung des (zu)künftigen Verhältnisses - bezogen auf den Warenlauf?


Die EU und GB vereinbaren eine WTO-konforme Freihandelszone, in der für Ursprungswaren der jeweils anderen Vertragspartei die Zölle präferenziert, ggf. auf Null gesenkt werden. Aber auch in diesem Fall ist die weiter oben beschriebene formelle Einfuhr(zoll)abfertigung erforderlich!

 

In den Genuss dieser freihandelsbasierten Zollbegünstigung kommen aber nur Ursprungswaren, die den auszuhandelnden Be-/Verarbeitungslisten genügen und für die ein Präferenznachweis vorgelegt wird.

Folglich könnte diese Zollpräferenz nur für die Waren erreicht werden, für die der GB-(Vor)Lieferant augenblicklich eine (Langzeit-)Lieferantenerklärung abgeben kann. Alle Waren, für die heute eine solche LE/LLE nicht ausgestellt werden kann, würden dann dem Drittlandszoll unterliegen!

 

Bis zu seinem Eintritt in die damalige Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) im Jahr 1973 gehörte GB zur EFTA, zur Europäischen Freihandelszone. Gibt es vielleicht den Weg dorthin zurück?

 

Eins steht jedenfalls fest: Die Abwicklung des Warenverkehrs wird aufwändiger, ist mit der Abgabe einer Ein- bzw. Ausfuhrzollanmeldung verbunden und erhöht damit die Kosten! Vor dem Hintergrund, dass GB zu den größten Handelspartnern Deutschlands zählt, dürften hiervon viele „dann“ Im- und Exporteure betroffen sein.


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